Musiksaiten für die ganze Welt

Das Stahl- und Drahtwerk Röslau produziert nicht nur für die Industrie, sondern auch 80 Prozent der weltweiten Klavier- und Flügelsaiten. Nun will das Unternehmen seinen Umsatz steigern und investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in eine Halle.

Röslau – In Röslau rollen die Bagger: Das Stahl- und Drahtwerk investiert in die Zukunft und nimmt einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand, um eine neue 3000 Quadratmeter große Halle an die bereits bestehende anzubauen. „Wir wollen nach der Vergrößerung nicht nur die Zahl der Mitarbeiter von 132 auf 145 bis 150 aufstocken, sondern unseren Umsatz von 20 auf 27 Millionen Euro steigern. 25 Prozent des Umsatzes stammen aus der Produktion von Musiksaiten, die in alle Welt geliefert werden.“ Das erklärte Geschäftsführer Willi-Josef Ferfers beim Spatenstich für das ehrgeizige Projekt.

Es ist nicht nur ehrgeizig, sondern zugleich eine große Herausforderung. Für Architekt Ulrich Thies in seinem langjährigen Schaffensdasein gar „die größte Herausforderung“, zumal der Boden „ganz schlecht“ und enorme Eile geboten sei, um die Halle bis Weihnachten winterfest zu haben. „Denn bei laufendem Betrieb in der bestehenden Halle, an die wir anbauen, stellt dies ein logistisches Problem dar, wenn die Maschinen angeliefert werden.“ Thies nennt dies eine „spannende Termin-Schiene“. Im ersten Halbjahr 2015 soll bereits die Produktion in der neuen Halle anlaufen.

„Produkte auf hohem Niveau, ausgefeilte Fertigungstechniken und zufriedene Kunden auf der ganzen Welt“ – das sind für Geschäftsführer Ferfers die Zutaten für den Erfolg des Unternehmens, das 1882 gegründet worden ist (siehe Infokasten). Ein Großteil der in Röslau produzierten Stahldrähte sei in Automobilen namhafter Hersteller als Federn zu finden. Ob kalt gezogener, patentierter Feder- Stahldraht, ölschlussvergüteter Ventilfeder-Stahldraht oder Musiksaiten- Stahldraht – durch kontinuierliche Forschungs- und Entwicklungsarbeit biete das Stahl- und Drahtwerk höchste Qualität, die weltweit geschätzt werde, betonte Ferfers im Gespräch mit Landtagsabgeordnetem Martin Schöffel, Landrat Dr. Karl Döhler, Bürgermeister Torsten Gebhardt und Abteilungsdirektor Thomas Engel von der Regierung von Oberfranken. Die Firma arbeite an Forschungsprojekten zusammen mit den Universitäten Ilmenau, Darmstadt und Freiberg, zuweilen auch mit der FH Hof.

"Wir wollen künftig mit Gitarrensaiten größer ins Geschäft einsteigen" Geschäftsführer Willi-Josef Ferfers

Als Nischen-Produzent habe sich das Stahl- und Drahtwerk Röslau mit Klavier- und Flügelsaiten längst einen Namen gemacht und behaupte sich mit 80 Prozent Anteil auf dem Weltmarkt. 95 Prozent der Musiksaiten gingen allein nach China in die Klavier- und Flügel-Produktion, so der Firmenchef. „Wir wollen künftig auch mit Gitarrensaiten größer ins Geschäft einsteigen“, kündigte Ferfers an, allerdings hätten hier die USA die Nase vorn. „Unser höchstes Produkt ist vergoldeter Draht für Violinsaiten.“ Den Stahldraht bekommt das Werk in Röslau von großen Konzernen angeliefert, um ihn dann präzise weiter zu verarbeiten. 5,5 Millimeter stark sei der dünnste Draht, der hier geschält und dann wärmebehandelt werde. Über viele Arbeitsschritte hinweg komme am Schluss ein ölschlussvergüteter Federstahldraht heraus, der gerade noch die Stärke eines menschlichen Haars habe, nachdem er auf mehr als das 6000-fache seiner Ursprungs- Länge gestreckt wurde, wie Unternehmens- Chef Ferfers nicht ohne Stolz bemerkte.

Mit der Entwicklung müsse das Stahl- und Drahtwerk immer einen weiten Schritt voraus sein, zumal es dauere, bis die neueste Technik zum Einsatz kommt. „Wir wollen gerade in die neue Daimler-Generation einsteigen“, kündigte Willi-Josef Ferfers an. Draht aus Röslau sei beispielsweise auch in den Federn von Sicherheitsgurten, in Schwungrädern in Dieselmotoren oder in Ceranfeldern des Herdes zu finden.

Röslau erfüllt 1882 die besten Voraussetzungen für die Ansiedlung der neuen Fabrik

„Wenn unsere Klaviere auf dem Weltmarkt sich eines guten Rufes erfreuen, so trägt auch Ihre Klaviersaite ihr gut Teil zur Güte derselben mit bei. Die Saite, die Sie herstellen, hat die nötige Zähigkeit und Naturweiche zugleich, zwei Eigenschaften, die sich genau einander die Waage halten müssen. Wir beziehen nun schon seit einigen Decennien von Ihnen und woll Gott nach dem großen Kriege noch mehr.“ Dieser Brief an das Stahl- und Drahtwerk Röslau aus dem Hause Steingraeber & Söhne in Bayreuth, dem berühmten Piano-Fabrikanten, stammt vom November 1914. Am Weltruf der Musiksaiten aus Röslau- Stahl hat sich seither wenig geändert. Vielmehr ist die Qualität dank neuer Techniken heute noch größer als seinerzeit.

Das Stahl- und Drahtwerk wurde 1882 von den Gebrüdern Bongardt gegründet, die 1881 aus Hohenlimburg im Sauerland nach Röslau kamen. Für die Wahl des Standorts hatte Röslau die besten Voraussetzungen, denn wegen der notwendigen Kohle- und Rohstoffbeschaffung sowie dem Versand der Fertigware war eine Eisenbahnstation wichtig. Zudem waren ausreichend Arbeitskräfte und Baugrund vorhanden.

Ein Auszug aus der Gemeindechronik Röslaus aus dem Gründungsjahr belegt, dass es aufwärts ging nach der Ansiedlung des Stahl- und Drahtwerks: „.. . die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung wurde eine bessere, sodass man in der Umgegend öfter sogar hörte: ,Es kommen wohl noch Bettelkinder von Höchstädt und Thierstein, aber in Röslau hat das aufgehört . . .’ “

 

Quelle: Frankenpost (von Peggy Biczyko)

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