Waldsassen. Die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick war es nicht. Doch dann gab es ein Schlüsselerlebnis in der Schule. Seither erklimmt Angelina Trißl beim Unternehmen Kassecker in Waldsassen auf der Karriereleiter eine Stufe nach der anderen.
von Paul Zrenner
Die junge Frau ist berufliche Senkrechtstarterin: Mit 22 Jahren ist Angelina Trißl aus Schloppach bei Waldsassen fertig ausgebildete Bauingenieurin. Möglich war dies über ein Dualstudium beim Unternehmen Kassecker in Waldsassen. Dazu gehörte auch eine Ausbildung zur Technischen Systemplanerin. Diese beendete die junge Frau als beste Absolventin bayernweit. "Ich habe das gar nicht glauben können und habe nicht mehr damit gerechnet", so Angelina Trißl über die Benachrichtigung der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, "dass ich Kammersiegerin bin". Denn die Prüfung als externe Teilnehmerin war bereits im Januar/Februar 2024 – lange nach der Ausbildung. Im September kam dann die Information. Später hatte sich beim bayernweiten Vergleich in der Folge herausgestellt: Die Kassecker-Mitarbeiterin war auch im Freistaat beste Absolventin. "Wir konstruieren nach der vorgegebenen Statik unseren Stahlbau und liefern Fertigungsunterlagen und Montagepläne", erklärt Angelina Trißl zum Berufsbild der Technischen Systemplanerin. Die Bezeichnung bedeute nichts anderes als Bauzeichnerin, so die Fachfrau im Gespräch mit Oberpfalz-Medien, "nur eben im Stahl- und Metallbau".
Zuerst im Sozialwesen
"Ich war in der Mädchenrealschule im Sozialwesen-Zweig", erinnert sich Angelina Trißl. "Das war aber nicht genau das, was ich mir vorgestellt habe." In welche Richtung es gehen sollte, war der damaligen Absolventin nicht klar. Die Polizei wäre noch eine Alternative gewesen. "Aber das ging nicht, wegen der Brille", so die 22-Jährige. "Das kam mit der Zeit", erinnert sich Angelina Trißl und erzählt, wie sie "in das Technik-Ding" gerutscht ist: In der Fachoberschule in Marktredwitz probierte sie sich im Technik-Zweig. In der 11. Klasse, im Metallpraktikum, kam die junge Frau mit dem Konstruieren und dem computergestützten Zeichnen in Berührung. "Das hat mir gefallen."
Studium und Arbeit
In der Folge ging die Ausbildung für Angelina Trißl auf zwei Schienen weiter. Sie bewarb sich in der 12. Klasse bei Kassecker Stahl- und Metallbau für ein Verbundstudium Stahl, Metall, Glas und meldete sich bei der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München an. Unmittelbar nach der Ausbildung zur Technischen Systemplanerin von August 2020 bis Oktober 2021 folgte das Studium in Vollzeit. "In der vorlesungsfreien Zeit habe ich bei Kassecker gearbeitet, während der Semester war ich in München." Das sei nicht einfach gewesen, erinnert sich die frühere Studentin an die Zeit in München und nennt vor allem die Anfangsphase schwierig, "bis man sich eingefunden hatte". Urlaub nahm sie in der vorlesungsfreien Zeit, ansonsten ging es aber komplett durch mit Studium und Arbeit.
Vergütung während des Studiums
"Das ist schon stressig", blickt Angelina Trißl zurück. Die Zeit sei aber absehbar gewesen, weshalb sie für sich beschlossen habe: "Für das Studium mach' ich das." Angelina Trißl unterstreicht auch, dass sie für die gesamte Dauer des dualen Studiums ihre Ausbildungsvergütung bekam. "Ohne die hätte ich das in München nicht studieren können, das wäre nicht möglich gewesen." Dass sich der Aufwand und die Mühen gelohnt haben, zeigt sich für Angelina Trißl im Rückblick: Sie hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag bei Kassecker Stahl- und Metallbau und kann optimistisch in die Zukunft blicken. Beim Besuch von Oberpfalz-Medien ist sie mit statischen Berechnungen für Hallen beschäftigt. In nächster Zeit wird die junge Ingenieurin erfahrene Bauleiter begleiten, um später selbst für große Projekte verantwortlich zu sein.
Bauberufe wieder attraktiv
Fleiß, Ehrgeiz und Engagement liegen bei den Trißls übrigens in der Familie: Der Papa arbeitet bei Kassecker als Polier im Tiefbau, im Unternehmen sind auch die Brüder tätig: Einer ist Land- und Baumaschinenmechatroniker, der andere hatte nach einer Ausbildung die Berufsoberschule absolviert und danach studiert. "Ich habe alles miteinander gemacht", sagt die Schwester augenzwinkernd. Dass mit dem Verbundstudium klassische Bauberufe wieder attraktiv werden, unterstreicht Christina Kien von der Kassecker-Unternehmenskommunikation. "Wir suchen aktiv nach Studenten im Bereich Bauingenieurwesen." Konkret werden die Berufe Rohrleitungsbau und Maurer genannt. "Das ist für uns total von Vorteil, weil sie die Praxis kennen und dann in die Bauleitung einsteigen." Auch bei anderen Interessen werde nach Lösungen gesucht – etwa mit einem Studium in Betriebswirtschaft. Die Vorteile einer praktischen Vorbildung hat auch Angelina Trißl in den ersten Semestern erlebt, etwa beim Zeichnen und Lesen von Plänen. "Das war für mich viel leichter als für jemanden, der noch nie einen solchen Plan gesehen hat."
Beeindruckende Leistung
Andrea Köstler unterstreicht im Gespräch mit Oberpfalz-Medien zum bisherigen Werdegang von Angelina Trißl im Unternehmen: "Das finde ich schon beeindruckend." Die kaufmännische Bereichsleiterin bei Kassecker Stahl- und Metallbau sowie der technische Bereichsleiter Andreas Pietruschka unterstützten die 22-Jährige bei der Organisation des dualen Studiums. Beide sind stolz auf diese beispielhafte Leistung einer Frau in einem Technikberuf, wie sie betonen. Fachliche Ansprechpartner bei der Bachelorarbeit waren vorrangig die Mitarbeitenden der Stahl- und Metallbausparte, im konkreten Fall die Bauleiter Andreas Eckert und Michael Holm. Dieses Jahr steht für Angelina Trißl übrigens noch ein weiteres Zusatzstudium an. Wenn dieses nach drei Monaten beendet ist, darf sich die junge Frau auch noch Schweißfachingenieurin nennen – als Dritte im Unternehmen, die etwa regelmäßig auf Spezialbaustellen Schweißnähte fachlich überprüft und kontrolliert, unter anderem im Bahnbau.
Quelle: (Paul Zrenner, 08.04.2025, Oberpfalzmedien: https://www.onetz.de/oberpfalz/schloppach-waldsassen/junge-frau-schloppach-schmiedet-kassecker-karriere-technikberuf-id5070206.html)