Kleine Wand, großer Erfolg

Die Lärmschutzsysteme der Firma Kassecker sind nur etwa 70 Zentimeter hoch. Sie garantieren eine bessere Schalldämpfung an Bahnstrecken. Dafür gab es nun einen Preis.

Die Lärmschutzsysteme der Firma Kassecker sind nur etwa 70 Zentimeter hoch. Sie garantieren eine bessere Schalldämpfung an Bahnstrecken. Dafür gab es nun einen Preis.

Waldsassen – Erfindergeist zahlt sich aus. Das kann die Firma Kassecker im oberpfälzischen Waldsassen bestätigen. Mit der Entwicklung eines neuartigen Lärmschutzsystems für den Einsatz an Bahngleisen sicherte sich das Unternehmen den CNA-Sonderpreis für „herausragende unternehmerische oder wissenschaftliche Leistungen“. Das Center for Transportation & Logistics Neuer Adler vergab die Auszeichnung in diesem Jahr bereits zum 13. Mal.

Die Neuentwicklung hat die Jury beeindruckt. Aber wie kam es dazu? Josef Andritzky aus der Kassecker-Geschäftsleitung erklärt: „Die üblichen hohen Lärmschutzwände aus Aluminium konnten dem teils hohen Sogdruck auf den ICE-Strecken nicht adäquat standhalten.“ Eine neue, verbesserte Lösung musste her. „Die niedrige Lärmschutzwand wird aus Stahl hergestellt – aufgrund der hohen Stabilität des Werkstoffs“, sagt Andritzky – und verweist auf die Größe von gerade einmal 55 beziehungsweise 74 Zentimetern. „Die Höhen sind eine Vorgabe der Deutschen Bahn und wurden für die zunächst als Versuchswände vorgesehenen Bauteile angesetzt.“ Um den Nutzen eines anderen statischen Aufbaus zu testen, entwarf die Firma Döring Stahlbau, die der Kassecker- Gruppe angegliedert ist, zunächst eine hohe Schutzwand aus Stahl. Mit den gewonnen Erkenntnissen habe man gemeinsam das Projekt „Niedrige Schallschutzwand“ umgesetzt, sagt Andritzky.

Kassecker produzierte bereits vor sechs Jahren die ersten der neuartigen Systeme. Im vergangenen Jahr wurden sie offiziell vom Eisenbahnbundesamt zugelassen. „Das ist notwendig für den generellen Einsatz bei der Deutschen Bahn“, erläutert Andritzky. Bisher seien die Projekte mithilfe langwieriger Einzelfallgenehmigungen abgewickelt worden. „Durch die offizielle Zulassung wird die Verwendung der niedrigen Lärmschutzwand an Bahnstrecken administrativ einfacher umsetzbar“, freut sich das Mitglied der Geschäftsleitung. Allerdings entscheide die Bahn als Auftraggeber, an welchen Stellen die Wand verwendet wird. „Sinn macht der Einsatz immer dort, wo hohe Wände aufgrund der Sichtachse, Landschaftsschutz oder Denkmalschutz störend sind“, betont Andritzky. Aus wirtschaftlichen, optischen und städtebaulichen Gründen sei die Aufstellung der üblichen Modelle, die bis zu fünf Meter hoch sind, nicht immer möglich oder zielführend.

Für Andritzky steht fest: „Die niedrige Lärmschutzwand ist definitiv eine Lösung für den langfristigen Einsatz.“ Derzeit werden auf drei Bahnstrecken in Deutschland die neuen Schutzwände eingesetzt. Auf insgesamt knapp eineinhalb Kilometern hat die Bahn in Rheinland-Pfalz bereits die Kassecker-Systeme installieren lassen. Den entscheidenden Vorteil des oberpfälzischen Produkts im Vergleich zu herkömmlichen Wänden sieht Andritzky darin, dass sie nicht mehr fünf Meter vom Gleis entfernt aufgestellt, sondern direkt am Gleis installiert wird. „Der hauptsächliche Lärm entsteht im Bahnverkehr an den Achsen des Zuges sowie den Gleisen. Genau hier wirkt die niedrige Lärmschutzwand – am Entstehungsort des Lärms“, erläutert er. Außerdem bestehe die Stahlkonstruktion aus Waldsassen aus mehreren Teilen. „Die Module haben jeweils eine Länge von sechs Metern und können theoretisch endlos aneinander gestellt werden.“

Auffällig: Der stählerne Schutzwall hat einen leichten Neigungsgrad. Das ist Andritzky zufolge physikalisch bedingt. „Die geneigte Wand reflektiert den auftreffenden Schall in das Gleisbett aus Schotter, wo sich der Schall verläuft.“ Eine gerade Wand hingegen würde den Schall in einem ungünstigeren Winkel reflektieren. Wie deutlich die neu entwickelte Schutzvorrichtung gegen den Bahnlärm im Gegensatz zu den ursprünglichen Vorrichtungen hilft, könne nicht aufs Dezibel genau beziffert werden. Das hänge stark von der jeweiligen Installation sowie dem Umfeld ab. Andritzky hebt jedoch hervor: „Die Wirksamkeit ist unumstritten und durch spezifische Messungen belegt.“


Quelle: Frankenpost (von Pascal Grosch)